Die meistgestellte Frage in der Marktforschung ist „Wie können wir wachsen?“. Bisher war damit gemeint „Wie verkaufen wir mehr an noch mehr Menschen?“. Viel seltener begannen Wachstumsdiskussionen mit der Frage nach dem Wert statt dem Volumen, z.B. „Wie könnten wir die gleiche Menge verkaufen, aber zu einem höheren Preis?“.
„Preis“ schien das vergessene „P“ des Marketings zu sein
Marketingmanagerinnen und -manager waren bisher in einer Position, in der es sehr schwierig war, den Preis als Werttreiber (Preiseniveaus halten oder erhöhen) und nicht nur als Volumentreiber (Rabatt für mehr Abverkauf) zu betrachten. Bisher setzte die Konkurrenz die Preise runter, der Handel forderte es auch vom Wettbewerb und alle konzentrierten sich auf kurzfristige Verkaufszahlen. Viele steckten in der Abwärtsspirale fest.
Die Abwärtsspirale
Die Situation hat sich für alle geändert. In Zeiten hoher Inflation gibt es keine Möglichkeit mehr, den Preis zu ignorieren. Wenn man Gewinne erzielen möchte und die Produktions-Kosten der zu verkaufenden Waren steigen, sagt einfache Arithmetik, dass die Preisgestaltung auf der Tagesordnung stehen muss.
Der Preis ist heute das heißeste Thema im Marketing
Historische Inflationsrate in Deutschland
Keine Marketingmanagerin und kein Marketingmanager musste bisher in einem solchen Umfeld zurechtkommen. Das letzte Mal, dass die Inflation in Deutschland auf dem aktuellen Niveau lag, war 1973 während der Ölkrise. Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher sind solche Inflationsraten nicht gewohnt.
Die meisten Markenfachleute erinnern sich eher an Makrokräfte, die Preise nach unten gezogen und nicht nach oben getrieben haben: z.B. den „Walmart-Effekt“ von großen Einzelhandelsunternehmen, den „Amazon-Effekt“ von digitalen Einzelhandelsunternehmen und Skaleneffekte durch Technologie, Robotik, Automatisierung und Offshoring. Man sprach darüber, wie das Internet dazu geführt hat, dass alles kostenlos wird und wie sich Preismodelle vom Eigentum zur Nutzung verlagert haben. „Billig“ veränderte sich von einer Eigenschaft, die Marken vermeiden wollten, zu einer Eigenschaft, die sie annehmen wollten. Das sind die Erfahrungen, die eine ganze Generation geprägt hat.
Wie wirkt sich die Inflation auf das Verbraucherverhalten aus? Und wie sollten Marketingfachleute dies antizipieren und darauf reagieren?
Während der Finanzkrise in 2009 hat McKinsey beobachtet, dass die Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden aus der Notwendigkeit heraus zurückging. Unwissentlich befanden sich Marken in einem neuen Szenario. Mehr Käuferinnen und Käufer interessierten sich für Marke B und stellten fest, dass diese ihren Ansprüchen genügte. Marke A hingegen befand sich auf der falschen Seite der „Fair-Value-Linie“ und verlor Marktanteile. Ihre Optionen waren entweder den Preis zu senken (sich nach unten zu bewegen) oder die Wertwahrnehmung zu verbessern (sich nach links zu bewegen). Bei dieser Entscheidung half es sehr, zu wissen, inwiefern sich die Marke bedeutsam von anderen Marken unterscheidet, den immateriellen Wert und die Kauftreiber zu kennen. Menschen zahlen im Durchschnitt 24 % mehr für Marken, die bedeutsam (Bedürfnisse erfüllen, beliebt sind) und differenzierend (führend in der Kategorie, trendsetzend oder einzigartig) sind.
Die Verschiebung der „Fair-Value-Linie“
Die Zahlungsbereitschaft ist nicht immer gleich
In jeder Kategorie gibt es mehrere „Fair-Value-Linien“. Manche Konsumentinnen und Konsumenten sind bereit, mehr zu zahlen, manche weniger. Es hängt von der Priorität ab, die der Kategorie persönlich beigemessen wird. Nicht in jeder Kategorie werden Verbraucherinnen und Verbraucher ihre „Fair-Value-Linie“ nach unten anpassen.
Die Zahlungsbereitschaftssegmente
Um in diesem inflationären Umfeld die richtige Preisgestaltung zu erzielen, können diese Fragen hilfreich sein:
- Wie groß sind die Segmente mit hoher und niedriger Zahlungsbereitschaft in Ihrer Kategorie? Ob die Zahlungsbereitschaften 80-20 oder 20-80 verteilt sind, macht einen großen Unterschied.
- Wie wichtig (preiselastisch) ist Ihre Marke? Wenn Ihre Marke eher unwichtig (preiselastisch) ist, dann kann eine Senkung des Preises (oder das Halten, wenn die Preise der Konkurrenz steigen) eine effiziente Möglichkeit sein, genügend Marktanteile zu gewinnen, um Ihre Position zu halten oder auszubauen. Aber wenn Ihre Marke ihren Aufschlag rechtfertigt (unelastisch), dann kann eine zu niedrige Preisgestaltung mehr schaden als nützen – geringer Marktanteilsgewinn, untergrabene Gewinne und langanhaltender Schaden für das Markenimage.
- Besteht die Möglichkeit, ein gestaffeltes Angebot zu erstellen, das unterschiedliche Preise für verschiedene Zielgruppen anbietet? Netflix hat z.B. Basic-, Standard und Premium-Angebote, die den „Sweet Spot“ für verschiedene Zielgruppen treffen. Und jetzt ganz aktuell eine weitere Stufe: „Basic with Ads“. Bei Akzeptanz von bis zu 5 Minuten Werbung pro Stunde, können Filme und Serien zu einem noch günstigeren Preis gestreamt und geschaut werden. Könnte Ihre Marke so etwas berücksichtigen und gleichzeitig Kosten minimieren?
Auf solche Fragen geben Choice Modeling-Techniken sehr genaue Antworten
Man sollte sich hier nicht auf Vermutungen verlassen. „Marketing Science“ kann fundierte Antworten für ALLE 4 Ps liefern:
- Price (Preis): Sollen wir senken oder erhöhen – und um wie viel?
- Product (Produkt): Sollen wir ein Basis- oder hochwertiges Angebot erstellen – zu welchem Preis?
- Place (Distribution): Sollen unterschiedliche Angebote zu unterschiedlichen Preisen über unterschiedliche Kanäle verfügbar sein?
- Promotion (Kommunikation): Wie transparent kommunizieren wir unsere Preise?
Was auch immer Sie tun, beachten Sie die „Fair-Value-Falle“: Wenn Sie Ihre Marke abwerten, um über den Preis zu kämpfen, zerstören Sie möglicherweise genau das, was Ihre Marke überhaupt erst wichtig für die Verbraucher gemacht hat. Wir helfen Ihnen gerne mit unserem kundenzentrierten Simulationstool ValueManager herauszufinden, was für Ihre Kundinnen und Kunden von Wert ist und wofür sie bereit sind, zu bezahlen.
Hinweis: Der Inhalt dieses Artikels wurde ursprünglich in Australien auf Mumbrella.com.au veröffentlicht.