Die drohenden Zölle verstärken die ohnehin große Sorge der Verbraucherinnen und Verbraucher um die Lebenshaltungskosten. Drei Viertel (76%) der Menschen weltweit sind besorgt über die Auswirkungen dieser Handelspolitik auf ihr Leben. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von Kantar, dem weltweit führenden Unternehmen für Marketingdaten und -analysen, für die mehr als 10.200 Menschen in 20 Ländern befragt wurden.
Das Kantar Consumer Sentiment Barometer zeigt, dass die Wirtschaft und die Inflation mit 88% bzw. 85% die größten Sorgen der Verbraucherinnen und Verbraucher weltweit sind, das gilt ebenso für die Deutschen mit 86% bzw. 82%. Und angesichts der Zölle, die die Lebenshaltungskosten weiter in die Höhe treiben, könnte die Bedrohung bald sehr real werden. Dabei ist interessanterweise den Deutschen als Europas Exportnation Nummer Eins die Bedeutung der hohen Zölle in unterdurchschnittlichem Ausmaß bewusst (ebenso wie den Franzosen oder Niederländern) – oder sie glauben weniger an deren dauerhaften Bestand. Global gibt ein Drittel der Menschen (32%) an, dass es für sie schwieriger ist als im letzten Jahr, ihr monatliches Budget zu verwalten und ihre Ausgaben zu bestreiten, und 45 % können den grundlegenden Haushaltsverpflichtungen nicht oder nur mit Mühe nachkommen.
Fast die Hälfte der Bevölkerung (46%) ist der Meinung, dass es der Wirtschaft bereits schlechter geht als im letzten Jahr. Obwohl sich die Zölle erst jetzt auf die Preise in den Regalen auswirken, nehmen die Menschen schon Veränderungen vor, um ihre Ausgaben zu senken: 40 % weltweit und die Hälfte der Deutschen (50%) suchen aktiv nach Preisnachlässen und Sonderangeboten und 35% kaufen in günstigeren Geschäften ein.
Wie geht es weiter? Breite Unterstützung für Gegenmaßnahmen.
Tatsächlich glauben 86% der Menschen, dass sie ihren Lebensstil oder ihre Einkaufsgewohnheiten aufgrund der steigenden Preise ändern müssen, zu 84% werden sich wohl auch die Deutschen anpassen. Bildung, Versicherungen und Personal Care sind die am wenigsten betroffenen Branchen. Nur ein Viertel (25%) der Menschen weltweit glaubt, dass es der Wirtschaft in einem Jahr besser gehen wird.
71% der Befragten sind der Meinung, dass die US-Regierung für das Chaos rund um die Zölle verantwortlich ist, im Allgemeinen sind die Menschen (55%) mit der bisherigen Reaktion ihrer eigenen Regierung dazu einverstanden. Während 58% der Amerikaner*innen das Vorgehen der US-Regierung unterstützen, sind nur 13% der Menschen in anderen Ländern der Meinung, dass ihre Regierung den Forderungen der USA nachgeben sollte. Gegenmaßnahmen werden von 61% der Kanadier*innen, 57% der Mexikaner*innen und 46% der Deutschen befürwortet (gegenüber einem weltweiten Durchschnitt von 38%).
Amerikanische Marken auf dem absteigenden Ast?
Fast drei von fünf befragten Verbraucherinnen und Verbrauchern (56%) außerhalb der USA planen, als Reaktion auf die Zölle mehr lokale Produkte und Dienstleistungen zu kaufen - ein Trend, den Kantar bereits in früheren Phasen von Verunsicherung festgestellt hat. Besonders ausgeprägt ist dieser Trend in den US-Nachbarländern Kanada (66%) und Mexiko (69%) sowie auf den Philippinen (80%), in Indien (77%) und Südafrika (71%). 37% der Menschen außerhalb der USA haben bereits angekündigt, keine amerikanischen Produkte und Dienstleistungen mehr zu kaufen. In Kanada sind es sogar 57%, während 81% der chinesischen Konsumentinnen und Konsumenten angaben, weniger bereit zu sein, US-Marken zu kaufen. Auch in Deutschland wollen sich 40% bewusst von amerikanischen Produkten distanzieren - Zahlen, die sich noch erhöhen könnten, sobald die Zollerhöhungen auf breiter Front umgesetzt werden.
Empfehlungen von Kantar für Marken angesichts dieser Stimmungslage
Jane Ostler, Chief Researcher bei Kantar: “Die Menschen spüren den Druck, und Zölle verschärfen das Problem. Diese Verunsicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher bietet Unternehmen die Chance zur Innovation, sei es durch neue Produkte oder Dienstleistungen, eine veränderte Preisstruktur oder die Ausweitung auf verwandte Produktkategorien oder neue Geschäftsfelder. Unternehmen müssen ständig überprüfen, wie sie für die funktionalen und emotionalen Bedürfnisse der Menschen relevant bleiben und wie sie sich von der Konkurrenz abheben können - diese Wachstumstreiber haben sich laut unserer Forschung bewährt.”
Stefanie Exel, Director Market Understanding, Kantar Germany: “Diese bewusste Auseinandersetzung mit der Herkunft der Produkte bietet deutschen und europäischen Marken ein enormes Potenzial, das entstandene Vakuum auszufüllen. Glaubwürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein sind gerade für diese reflektierte Käuferschicht wichtig. Denn wenn sie sich neu orientieren, werden sie die Haltung der Marken genauer hinterfragen. So glauben mehr als zwei von fünf Befragten, dass die Preise steigen, weil die Unternehmen die Krise ausnutzen und zu viel Geld verlangen. In Deutschland sogar mehr als die Hälfte. Das sollte für Marken ein Grund zur Sorge sein - ob es stimmt oder nicht. Deshalb müssen Marketingverantwortliche die Preisgestaltung - auch im Hinblick auf Zölle - richtig angehen und transparent kommunizieren.”
Zur Umfrage:
Für das Kantar Consumer Sentiment Barometer wurden 10.203 Personen in Australien, Brasilien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Indien, Italien, Japan, Korea, Mexiko, den Niederlanden, den Philippinen, Saudi-Arabien, Singapur, Südafrika, Spanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Großbritannien und den USA befragt. Die Umfrage wurde zwischen dem 16. und 25. April 2025 durchgeführt; die Interviews in China fanden am 16. April 2025 statt.