Die jährlich durchgeführte Studie untersucht wichtige Bereiche der „Customer Experience“ bei 37 ÖPNV-Anbietern in Deutschland und Österreich. Die Zufriedenheit der Fahrgäste mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist während der Pandemie größtenteils gestiegen. Die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) belegen auch in diesem Jahr wieder den Spitzenplatz mit einem Wert von 2,24 vor der Freiburger Verkehrs AG (VAG) mit 2,28.
Kantar hat auch im aktuellen zweiten Jahr der Corona-Pandemie die ÖPNV-Nutzung und die Zufriedenheit der Fahrgäste mit dem öffentlichen Nahverkehr untersucht.
Mehr als 20.000 ÖPNV-Nutzer wurden im Frühsommer und Sommer befragt. Die meisten Zufriedenheitswerte mit dem öffentlichen Nahverkehr sind gegenüber dem Vorjahr und auch gegenüber der Zeit vor der Pandemie gestiegen.
Dies ermittelte die Verkehrsforschung von Kantar in ihrem ÖPNV-Kundenbarometer 2021. Insgesamt 37 Nahverkehrsanbieter beteiligten sich an dieser größten Vergleichsstudie für den ÖPNV. Es wurden rund 20.000 Interviews telefonisch und online durchgeführt, um die Qualitätswahrnehmung der Fahrgäste zu ermitteln. 40 Leistungsmerkmale, die alle wichtigen Bereiche der „Customer Experience“ im ÖPNV abdecken, standen im Fokus der Untersuchung. Ein besonderer Aspekt war auch 2021 die Beurteilung des Krisenmanagements der Verkehrsanbieter im Umgang mit der Corona-Pandemie.
Die Verkehrsexperten von Kantar haben gezielt Nutzerinnen und Nutzer in der Studie berücksichtigt, die bereits vor der Pandemie öffentliche Verkehrsmittel genutzt haben. Dadurch können die aktuellen Ergebnisse sehr gut mit den Werten aus der Vergangenheit verglichen werden. Insgesamt müssen die Nahverkehrsanbieter aktuell auf zwischen 11 und 38 Prozent ihrer Fahrgäste verzichten. Deutschlandweit nutzt rund ein Drittel der eigentlichen ÖPNV-Nutzer den Nahverkehr aktuell gar nicht mehr. Ein weiteres Drittel nutzt die öffentlichen Nahverkehrsmittel seltener als vor der Pandemie. Der Grund dafür ist größtenteils der Wegfall von Wegen. Die Angst vor Ansteckung ist als Grund gegenüber der letzten Erhebung im Herbst 2020 deutlich zurückgegangen. Von den Personen, die den ÖPNV aktuell nicht oder seltener nutzen, wollen 70 Prozent Bahnen und Busse nach dem Ende der Pandemie wieder häufiger nutzen. Weitere neun Prozent wissen noch nicht, ob sie wieder zu ihrem altem Nutzungsverhalten zurückkehren. Allerdings geben auch knapp 22 Prozent der Nutzer an, dass sie nicht mehr so häufig den ÖPNV nutzen werden wie vor Corona.
„Wir haben bereits im letzten Jahr gesehen, dass die Nutzer des ÖPNVs mit den Anbietern mehrheitlich zufrieden sind. Die große Aufgabe des ÖPNVs ist es nun, für die Kunden, die zwischenzeitlich auf andere Verkehrsmittel umgestiegen sind, neue attraktive Angebote zu entwickeln“ kommentiert Christian Jödden, Projektleiter des ÖPNV-Kundenbarometers, die Ergebnisse.
Im Ranking der Verkehrsunternehmen belegen die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) bei der Globalzufriedenheit mit dem ÖPNV mit einem Wert von 2,24 erneut den Spitzenplatz.
Es folgen die Freiburger Verkehrs AG (VAG) mit 2,28 und ebenfalls mit „sehr guten“ Werten von 2,30 bis 2,40 Paderborn (PaderSprinter), Rostock (RSAG), Tübingen (TüBus), Ulm (SWU), Münster (SWMS) sowie Hannover (ÜSTRA). Ein „gutes“ Ergebnis bei der Globalzufriedenheit erzielte mit 2,43 der als Verbund teilnehmende Verkehrsverbund Oberelbe (VVO), gefolgt vom HVV (Hamburg und Region) mit ebenfalls „guten“ 2,56.
„Der ÖPNV wird von den Personen am besten beurteilt, die aktuell mehrmals in der Woche mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Zudem fällt die Zufriedenheit in den Großstädten im Durchschnitt besser aus als in kleineren Städten und in ländlicheren Regionen“, ergänzt Anselm Speich, Mitarbeiter beim ÖPNV-Kundenbarometer, die Resultate. Er führt weiter aus, dass „wir zudem sehen können, dass die aktuell aufgrund von Corona abgewanderten, bisherigen Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs mit dem ÖPNV nicht grundsätzlich unzufriedener sind als die Personen, die den ÖPNV weiterhin nutzen“.
Die Globalzufriedenheit mit den Nahverkehrsunternehmen hängt von verschiedenen Faktoren in unterschiedlicher Stärke ab.
Dies sind in erster Linie angebots- und preisbezogene Faktoren wie Linien- und Streckennetz, Anschlüsse, Taktfrequenz und Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Spitzenreiter bei der Globalzufriedenheit liegen bei diesen Leistungsmerkmalen fast ausnahmslos in der vorderen Hälfte unter allen Teilnehmenden.
Aktuell ist zudem die Zufriedenheit mit dem Corona-Krisenmanagement der Verkehrsunternehmen ein wichtiger Aspekt, der sich auf die Globalzufriedenheit auswirkt. Bei der Beurteilung des Krisenmanagements steht der PaderSprinter mit 2,45 ganz vorne, dicht gefolgt von Tübingen (TüBus) mit 2,48 und der Vestischen (im Kreis Recklinghausen und den Städten Bottrop und Gelsenkirchen), denen mit 2,57 ebenfalls ein „gutes“ Krisenmanagement bescheinigt wird.
Die Stärken der teilnehmenden Nahverkehrsunternehmen sind auch in diesem Jahr wieder außerordentlich vielfältig
Zwei Drittel der Anbieter werden mit einer der begehrten und mit einer Urkunde belohnten Spitzenpositionen bei den verschiedenen Leistungsmerkmalen ausgezeichnet. Kantar erfragt dafür die Zufriedenheit mit allen relevanten Leistungsmerkmalen des ÖPNV: Von der Beurteilung des Angebots über verkehrsmittelbezogene Merkmale, Tarifbeurteilung, Haltestellen und Sicherheit bis hin zu Merkmalen, die in Verbindung mit der Kundenbeziehung stehen.
Betrachtet man die Leistungsmerkmale, die das ÖPNV-Angebot der Verkehrsanbieter beschreiben, gibt es mehrere Unternehmen, die hier mit einer „sehr guten“ Bewertung ins Auge fallen: TüBus erreicht den ersten Platz für das Linien- und Streckennetz mit 2,20, gefolgt von der DVB mit 2,24 und der ÜSTRA mit immer noch „sehr guten“ 2,31. Letztgenannte ist führend mit jeweils guten Bewertungen bei Anschlüssen (2,47) und Taktfrequenz (2,46). Ebenfalls „gute“ Bewertungen für Anschlüsse erhalten Innsbruck (IVB) mit 2,49, die DVB mit 2,56 und TüBus mit 2,59. Die Ränge zwei bis vier beim Takt erringen mit jeweils „guten“ Bewertungen die IVB (2,51), BremerhavenBus (2,55) sowie TüBus. Bei Schnelligkeit steht die SWU mit einem Wert von 2,19 – und damit der besten Bewertung aller Leistungsmerkmale – an der Spitze, gefolgt von der ÜSTRA mit 2,23 und der RSAG mit ebenfalls sehr guten 2,26. Die RSAG wiederum ist mit „sehr guten“ 2,23 bei Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit führend, dicht gefolgt von der IVB (2,24) und weiteren „sehr guten“ Bewertungen für SWU (2,28), ÜSTRA (2,30) und der VAG (2,35).
Bei den verkehrsmittelbezogenen Merkmalen liegen die IVB mit zwei sehr guten ersten Plätzen bei Komfort (2,28) und bei Sauberkeit und Gepflegtheit (2,21) sowie einem „guten“ ersten Platz beim Platzangebot (2,52) ) vorn. Ebenfalls eine „sehr gute“ Bewertung von 2,37 erhält Hameln-Pyrmont (NHP – die Öffis) für die Sauberkeit und Gepflegtheit seiner Fahrzeuge; beim Platzangebot folgt knapp hinter den IVB auf einem „guten“ Medaillenplatz die SW Biberach mit 2,54. Für Informationen im Fahrzeug wählten die Biberacher ihr Verkehrsunternehmen zum „sehr guten“ Ersten mit einem Wert von 2,24, gefolgt von der RSAG mit 2,28. Führend bei der Bewertung der Informationen bei Störungen oder Verspätungen im Fahrzeug ist – wenngleich nur mit einer „eher schlechten“ Bewertung – die ÜSTRA mit 2,94, ganz knapp gefolgt von Halle (HAVAG) mit 2,95.
Die Goldmedaillen bei den Sicherheitsmerkmalen gehen für die Sicherheit tagsüber an die Ulmer SWU: An den Haltestellen erreicht außer Ulm (2,40) kein Verkehrsunternehmen ein „Sehr gut“, bei der Sicherheit im Fahrzeug folgen dicht hinter der SWU (2,33) mit allesamt „sehr guten“ Werten BOGESTRA in Bochum und Gelsenkirchen und regiobus Hannover (jeweils 2,38) sowie Mainzer Mobilität (2,39). Die ersten Plätze für die Sicherheit abends gehen an die Innsbrucker IVB, mit einem Wert von 2,30 im Fahrzeug und 2,63 an den Haltestellen. „Sehr gute“ Werte bei der abendlichen Sicherheit im Fahrzeug erreichen auch die Öffis (2,35) und TüBus (2,38). Auf den nur „guten“ ersten Platz der IVB bei der abendlichen Sicherheit an den Haltestellen folgen ebenfalls TüBus (2,76) und die Öffis (2,77), allerdings nur mehr im „eher guten“ Bewertungsbereich.
Auch bei den Haltestellenmerkmalen tun sich die Innsbrucker IVB mit vier von sieben Spitzenplätzen klar hervor: Mit 2,41 erlangt Innsbruck sowohl das einzige „Sehr gut“ für Fahrplaninformationen an den Haltestellen als auch – mit 2,69 – die einzige „gute“ Bewertung für Sauberkeit und Gepflegtheit der Haltestellen. Für Informationen bei Störungen und Verspätungen an den Haltestellen werden die IVB mit „eher guten“ 2,75 bewertet, dicht gefolgt von der RSAG mit 2,76. Für Komfort und Ausstattung der Haltestellen erhält Innsbruck selbst als Spitzenreiter mit 2,84 die einzige nur noch „durchschnittliche“ Bewertung bei diesem Leistungsmerkmal. Zweimal geht Gold an BremerhavenBus bei den haltestellenbezogenen Merkmalen mit jeweils einem „Gut“: Für Informationen zur Orientierung an den Haltestellen erhält Bremerhaven mit 2,60 die einzige „gute“ Bewertung, für Barrierefreiheit seiner Haltestellen gibt es von den Kunden eine „gute“ 2,59; TüBus ist dem Spitzenreiter hier dicht auf den Fersen mit 2,60. Die letzte Goldmedaille in der Kategorie Haltestellen erringt ein Verkehrsverbund, nämlich der HVV für seine Fahrradabstellplätze mit einer Bewertung von 3,20; dazu muss hinzugefügt werden, dass sich selbst diese Bestnote bereits im „sehr schlechten“ Wertebereich befindet.
Die inzwischen vier Jahre zurückliegende Tarifreform der Öffis in Hameln-Pyrmont scheint die Fahrgäste weiterhin zu begeistern. Die Öffis verteidigen ihre ersten Plätze aus den vergangenen drei Jahren mit einem „Gut“ sowohl fürs Preis-Leistungsverhältnis (2,65) als auch für das Fahrkartensortiment (2,54), wo den Öffis regiobus Hannover (2,56) und die SW Biberach (2,57) mit ebenfalls „guten“ Bewertungen dicht auf den Fersen sind. Beim Tarifsystem werden die Öffis (2,70) von Biberach (2,66) auf einen guten zweiten Platz verwiesen.
Bei den Leistungsmerkmalen im Paket Kundenbeziehung werden die Öffis viermal – und damit so häufig wie kein anderer ÖPNV-Anbieter – auf den ersten Platz gewählt: Sie erhalten ein „Sehr gut“ für ihre Kunden-Zentren (2,23) und den gedruckten Fahrplan zu Hause (2,30) sowie jeweils „Gut“ für die Kompetenz des Fahrpersonals (2,44) und die telefonische Auskunft (2,45). Für die Freundlichkeit ihres Personals erhalten die SWMS (2,35) das einzige „Sehr gut“ bei diesem Merkmal. Die Freundlichkeit des Fahrpersonals wird bei drei Verkehrsunternehmen mit „Sehr gut“ bewertet, nämlich der SWN Verkehr in Neumünster (2,27), den Öffis und dem PaderSprinter (jeweils 2,34). Bei der Kompetenz des Fahrpersonals können vier Unternehmen im „guten“ Bereich punkten: An erster Stelle die Öffis (2,44), gefolgt vom BremerhavenBus (2,49), der VWG Oldenburg (2,50) und der ÜSTRA (2,58). Für Aktivitäten des Unternehmens zur Schonung der Umwelt gibt es von den Kunden viermal „Gut“, nämlich für den TüBus (2,45), die VWG (2,46), die ÜSTRA (2,54) und die SWMS (2,57). Die drei besten Plätze mit „guten“ Bewertungen für den Internet-Auftritt eines Verkehrsunternehmens belegen Bremerhavenbus (2,43), die DVB (2,47) und die IVB (2,48). Bei den Internet-Auftritten eines Verkehrsverbundes führt der VVO (2,48). Das Ranking der Fahrplanauskunft im Internet wird von der DVB mit 2,28 angeführt, gefolgt von den SW Biberach mit ebenfalls „sehr guten“ 2,36. Unter den zahlreichen „sehr guten“ Apps und mobilen Infos für das Smartphone tun sich drei Anbieter besonders hervor: DVB, SW Rüsselsheim und SWMS teilen sich gleichbewertet mit jeweils 2,31 die Spitzenposition. Für Fahrkartenautomaten gibt es allenfalls „gute“ Bewertungen: RSAG (2,61) und DVB (2,63) führen hier das Feld an, für eigene Fahrkartenverkaufs-stellen erhalten nur die IVB (2,41) ein „Sehr gut“, und private Fahrkartenverkaufsstellen der SWMS (2,58) und der ÜSTRA (2,59) erhalten immerhin „gute“ Bewertungen.
Von allen Unternehmen wurde die DVB von ihren Kunden am besten beurteilt. Auf dem ersten Platz aber stehen die Dresdner unter allen Leistungsmerkmalen nur bei zweien. Am häufigsten einen Platz auf dem Treppchen hat hingegen die IVB Innsbruck mit 16 Medaillenplätzen erobert, gefolgt von den Öffis mit 12 Medaillenplätzen und dem PaderSprinter, der zehn Mal einen Platz unter den Top 3 erobern konnte.
Das ÖPNV-Kundenbarometer 2021
umfasst insgesamt ca. 20.000 repräsentative Telefon- und Online-Interviews mit Nutzern von ÖPNV-Verkehrsmitteln, die in insgesamt 37 Bedienungsgebieten von kommunalen Verbünden und Verkehrsunternehmen erhoben wurden. Die Fahrgäste wurden nach ihrem Nutzungsverhalten und ihrer Zufriedenheit mit insgesamt 40 Leistungsmerkmalen befragt. 2022 wird die Verkehrsforschung von Kantar das ÖPNV-Kundenbarometer erneut durchführen.