Herausforderungen des modernen Marketings: Performance-Marketing versus Markenaufbau

Wie findet man die richtige Balance zwischen Marketing-ROI als kurzfristiger Schlüsselkennzahl und Brandmarketing als langfristigem Erfolgsfaktor?
10 März 2022
Performance Marketing versus Markenaufbau
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Mary
Kyriakidi

Global Thought Leader, Brand Guidance

Foto Stephan Jaremenko
Stephan
Jaremenko

Director Business Development Analytics

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Das Zusammenspiel von Performance-Marketing und Markenaufbau wird seit dem Vormarsch digitaler Messinstrumente immer wieder diskutiert: Ist es besser, auf Performance-Marketing zu setzen und kurzfristig erfolgreich zu sein oder in den Markenaufbau zu investieren mit eher langfristiger Wirkung?

Wir behaupten, es kommt auf das richtige Verhältnis an, um den Umsatz eines Unternehmens zu steigern! Der Marketing-ROI spielt in diesem Entscheidungsprozess eine wesentliche Rolle, auch wenn er nicht die alleinige Wahrheit darstellt.

Es war einmal im Marketing …

Return on Investment (ROI) ist zu Recht seit den 1920er Jahren eine beliebte Kennzahl in der Wirtschaft. Marketingverantwortliche hatten die Aufgabe, das Interesse der Menschen für die von ihnen angebotenen Produkte und Dienstleistungen zu wecken. Sie gaben Geld aus, um Geld zu verdienen. In der Folge mussten sie den Nachweis erbringen, dass ihre Bemühungen auch eine gewisse Rendite erbrachten.

In früheren Jahren war oft Bauchgefühl die Entscheidungsgrundlage. Ungenauigkeit und mangelnde Nachvollziehbarkeit führten in der Folge dazu, dass in wirtschaftlich schwachen Zeiten Marketingbudgets häufig als erstes gekürzt wurden. Mit der digitalen Revolution entstanden dann aber neue Lösungen im Bereich der Kampagnenmessung, welche die Branche dabei unterstützten, sich weiterzuentwickeln.

Die Anwendung des Marketing-ROI wurde greifbarer und die Metriken leichter zu berechnen. Die Führungskräfte in der Branche atmeten auf: Sie konnten nun ihre Ausgaben rechtfertigen, die effektivsten Maßnahmen bestimmen und die eigenen Ergebnisse mit denen des Wettbewerbs vergleichen. Sie fühlten sich als ebenbürtige Partner des Controllings, konnten sie doch nun selbst die Verantwortung für zweckmäßige Verwendung der Unternehmensmittel übernehmen. Doch neben diesen Vorteilen gab es weiterhin ein gewisses Ungleichgewicht zwischen der Messung und Würdigung aller Aspekte für die Verkaufserfolge eines Unternehmens.

Ist der Marketing-ROI unlogisch? Nein. Aber achten Sie auf mögliche Verzerrungen, wenn Sie ihn für sich allein betrachten.

Wenn der Marketing-ROI eine so gute Sache ist, warum wird er dann häufig von renommierten Marketingfachleuten kritisiert? "Eine bis zu einem gewissen Grad alberne Kennzahl", sagt Mark Ritson, "eine dumme Kennzahl ", ruft Byron Sharp aus, wobei er nicht nur auf die (oft zu kurze) Zeitspanne abzielt, auf der sie berechnet wird, sondern auch auf die Verwendung als Allheilmittel zur Rechtfertigung von Marketingbudgets. "ROI wird nicht wirklich verstanden, sondern eher als eine Art Amulett gegen böse Geister benutzt , nämlich diejenigen Kräfte, die versuchen, die Werbeausgaben zu kürzen", schreibt Marketingprofessor Tim Ambler von der London Business School.

Das Hauptargument gegen den Marketing-ROI ist, dass er längerfristige Effekte ausschließt. Es entsteht ein trügerisches Wachstum, das auf Kosten des Aufbaus einer langfristigen Markenrentabilität geht. Denn die mathematische Berechnung des Marketing-ROI schließt den Nutzen, den eine Marke für ein Unternehmen schafft, nicht ein. Es handelt sich um eine Division (nicht um eine Subtraktion), bei der die Kosten der aktuellen Marketingausgaben im Nenner stehen. Wenn diese gleich Null sind, ist der ROI unendlich. Diejenigen, die sich ausschließlich auf den Marketing-ROI konzentrieren, sehen nur das halbe Bild, nämlich die unmittelbaren Gewinne des Performance-Marketings. Auf lange Sicht werden so aber geringere Erträge und weniger Gewinn erzielt.

Es gibt eindeutige Belege dafür, dass unausgewogene Marken auf lange Sicht nicht wachsen können. Mehrere Kantar-Studien haben gezeigt, dass der Grundumsatz stetig abnimmt, wenn der Marketing-Mix nur auf Performance-Marketing ausgerichtet ist.

Die Vernachlässigung des Markenaufbaus führt zu grundsätzlichem Umsatzrückgang und zu einer erhöhten Abhängigkeit vom Performance-Marketing

Die Vernachlässigung des Markenaufbaus führt zu Umsatzrückgang

Source: Kantar Analytics Marketing ROI norms database

Auch die Ergebnisse aus der Kantar BrandZ-Studie belegen ein geringeres Wachstum, wenn der Markenaufbau vernachlässigt wird. Zwischen 2019 und 2021 steigerten Marken, die positiv wahrgenommen wurden, ihren monetären Markenwert um 72 %, verglichen mit nur 20 % bei Marken, die weniger positiv beurteilt wurden.

Wenn die Fakten gegen einen einseitigen Ansatz sprechen, warum tappen dann immer noch viele Marketingfachleute in die Falle? Warum wird Performance-Marketing bevorzugt und warum verfängt sich das Marketing immer wieder in einem Kreislauf aus Rabatten und sinkenden Margen? Die Antwort ist vielschichtig, liegt aber vor allem in einem praktischen Aspekt begründet: Ein auf Kennzahlen basierendes Performance-Marketing erhöht die Chancen, ein größeres Budget zu erhalten. Denn es ist leichter über generierte Leads, einen Verkauf, einen Klick zu sprechen, also im Wesentlichen über die reflexartige Reaktion der Verbraucher auf die kurzfristigen Taktiken. Für den Markenaufbau gilt das Gegenteil. Wir tun uns immer noch schwer damit, die Vorteile langfristiger Investitionen aufzuzeigen und zu belegen, wie diese das zukünftige Verhalten der Menschen beeinflussen.

Das richtige Gleichgewicht finden: Die Lösung liegt in der Datenanalyse

Es gibt zweierlei Kennzahlen, um einerseits die kurzfristigen Auswirkungen auf Kundinnen und Kunden zu messen und andererseits den langfristigen Effekt in der Zukunft. Zur Vorhersage kurzfristiger Gewinne bedarf es rationaler und direkter Kennzahlen, die Verhaltensweisen messen. Langfristiger Erfolg lässt sich hingegen eher mit emotionalen und indirekten Kriterien vorhersagen. Hier werden die sich langsam verändernden Einstellungen und Verhaltensweisen der Menschen betrachtet.

Lassen Sie sich nicht von der vermeintlichen Nichtigkeit der letzteren Gruppe täuschen. Diese Indikatoren wirken sich langfristig auf den Umsatz aus, da sie mit einer verbesserten Wertschätzung, einer gesteigerten Aufmerksamkeit und einer verbesserten Wahrnehmung für ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis des Produkts einhergehen. Zudem ist die Toleranz, einen höheren Preis zu zahlen, größer.

Wie können Sie anhand dieser Kennzahlen sicherstellen, dass die richtigen Maßnahmen zum Markenaufbau und zur Leistungssteigerung ergriffen werden? Wir empfehlen Ihnen, einen Blick über den Tellerrand zu werfen - über die Modelle des traditionellen Marketing-Mix hinaus. Betrachten Sie neben dem direkten Einfluss des Marketings auf den Umsatz auch indirekte Einflüsse. Der erste und sehr wichtige Schritt, um sicherzustellen, dass Sie das richtige Verhältnis aus Markenaufbau und Performance-Maßnahmen einsetzen, ist die Bewertung Ihrer Marketingkanäle. Können Sie Ihrer Marke durch die Dynamik von PR, TV, Online-Video, Influencern, Print, Search, Display und Außenwerbung sowohl ein aktuelles als auch ein zukünftiges Umsatzwachstum verschaffen?

Zahlreiche aufstrebende Marken melden sich bei uns, um eine ganzheitliche Bewertung ihres Marketing-ROI  vornehmen zu lassen - auch Total Marketing ROI (TMROI) genannt. Wir bei Kantar wenden hierfür ein umfassendes und ganzheitliches System zur Messung und Optimierung der Effektivität an, das Vertriebs- und Marken-Metriken über alle Marketingkanäle hinweg integriert und in ein einzigartiges Prognosemodell überführt. Oftmals führen nur kleine, aber entscheidende Änderungen in der Verteilung des Kanalmixes zu einem gesunden Umsatzanstieg. Eine Einzelhandelsfirma hat z.B. genau diese Erfahrung gemacht. Durch die optimierte Ausgabenverteilung der Bereiche Marke und Aktivierung konnte der Gesamtumsatz um 10 % gesteigert werden. Zurückzuführen ist dieser Erfolg auf langfristige Effekte sowie ein grundlegendes Wachstum der Marke.

Alles in Maßen: Der Aufbau ausgeglichener Marken

Die alten Griechen glaubten fest daran, dass man stets den Mittelwert (Durchschnitt) wählen und die Extreme auf beiden Seiten weitestgehend vermeiden sollte. Denn "alles in Maßen" bringt Harmonie, Güte und Schönheit hervor. Auch im Marketing führt diese Strategie zu höheren Erträgen. Die Marketingexperten Les Binet und Peter Field haben empirisch nachgewiesen, dass man sich nicht zwischen kurz- und langfristigen Maßnahmen, sondern für Beides entscheiden sollte . "Man muss beide Aufgaben erfüllen", erklärt Binet, "denn die eine fördert die andere, und man muss sie in einem ausgewogenen Verhältnis erfüllen."

Folgende „Brand Stories“ erwecken die Theorie zum Leben: Als die Firma Heinz den Schwerpunkt auf Verkaufsaktivitäten verlagerte und zugleich das Thema Marke vernachlässigte, dauerte es nicht lange, bis es zu Problemen kam. Als Dove jedoch meisterhaft eine starke emotionale Bindung (die Grenzen der Schönheit überschreiten) mit guter altmodischer Überzeugungsarbeit (Produktvorteile) verband, stiegen die Verkaufszahlen sprunghaft an.

Selbst in einem Sektor, in dem man es am wenigsten erwartet, wie im Finanztechnologie-Bereich, "ist das eigentliche Unterscheidungsmerkmal nicht die Technologie, sondern die Marke selbst", sagte uns Piotr Jan Pietrzak, Direktor für internationales Business Development beim Zahlungsdienstleister BLIK . "Wir haben schon sehr früh damit begonnen, weniger über das Produkt und die Technologie zu sprechen und die Marke in den Vordergrund zu stellen. Es ist die Marke, die uns in der Zusammenarbeit mit den Banken die Türen geöffnet hat. Als die Marke wuchs, wuchs auch unser Einfluss. Die Markenkraft von BLIK und die Transaktionen sind in gleicher Weise gewachsen."

Die Markenkraft von BLIK hat in den letzten zwei Jahren stetig Wachstum erfahren. Transaktionen schossen in die Höhe.

Die Markenkraft von BLIK

Source: Kantar BrandZ | BLIK Brand Power | BLIK transactions

Marken ziehen zu unterschiedlichen Zeitpunkten in ihrem Lebenszyklus Bilanz zu ihrem Gleichgewicht: Für Airbnb, ein Unternehmen aus einer der am stärksten von COVID-19 betroffenen Branchen, zahlte sich der Wechsel des Schwerpunkts vom Performance-Marketing zum Markenaufbau aus. Im Jahr 2021 führte ihre erste groß angelegte globale Markenkampagne seit fünf Jahren mit dem Titel "made possible by hosts" zu einem Anstieg des Verkehrsaufkommens um 20%.

Fazit: Trendwende hin zu mehr Ausgewogenheit

Der ROI ist nach wie vor eine beliebte Vergleichsmethode für verschiedene Investitionen eines Unternehmens (wie schneidet eine Marketinginvestition im Vergleich zu einer Technologie- oder Produktinvestition ab?). Als Kennzahl ist der Marketing-ROI für CMOs nach wie vor von großer Bedeutung. Viele geben offen zu, dass die Verlockungen des Performance-Marketing verführerisch sind. "Marketingverantwortliche tappen oft in die Falle der Last-Click-Attribution, die dem letztem Prozessschritt zu viel Wichtigkeit einräumt." sagt Brent Reinhart, GM, CMO, JP Morgan Chase & Co , und fügt dann hinzu: "Ich habe mich dessen in der Vergangenheit selbst schuldig gemacht."

Die Zeiten ändern sich: Immer mehr Unternehmen stellen die Trennung zwischen Performance- und Brandmarketing in Frage und schaffen ein besseres Gleichgewicht. Bei diesem Streben nach Marketing-Exzellenz steht die Erkenntnis an erster Stelle. Schauen Sie sich also um: Wenn Sie in einem isolierten Performance- oder Markenteam mit getrennten Zielen und KPIs sitzen, werden Sie aktiv. Es ist jetzt an der Zeit, etwas daran zu ändern.

Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie Sie mittels bewährter Indikatoren das Gleichgewicht für Ihr Unternehmen finden und das Wachstum Ihrer Marke fördern? Dann kontaktieren Sie uns gerne. Wir helfen Ihnen dabei!

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